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DHCP
Grundlagen, Funktionsweise & Beispiele
Das Dynamic Host Configuration Protocol (DHCP) ist ein Netzwerkdienst, der Geräten automatisch IP-Adressen und weitere Netzwerkkonfigurationen zuweist.
Oder in Alltagssprache: Der Butler im Netzwerk, der jedem Gerät höflich sagt, wer es ist, wohin es darf und welchen Weg es nehmen soll.
1. Warum DHCP?
Ziel: Automatische Vergabe von Netzwerkparametern, um manuelle Konfiguration zu vermeiden.
Vorteile:
Kein IP-Konfigurationschaos
Änderungen zentral steuerbar
Minimiert Tippfehler („255.255.255.250? Echt jetzt?“)
Skalierbar, effizient und wartungsarm
Typisch vergebene Daten:
2. DHCP DORA – Der 4-Phasen-Ablauf
Der wohl berĂĽhmteste Viererpack der Netzwerktechnik:
D - Discover – „Hallo? Ist hier jemand?“
Das Clientgerät sendet einen Broadcast (0.0.0.0 → 255.255.255.255). Es ruft sinngemäß: “Ich brauche eine IP! Irgendjemand zuständig?”
O - Offer – „Ich hätte da etwas für Sie …“
Ein DHCP-Server antwortet mit einem Angebot: „Hier ist eine freie IP-Adresse. Interesse?“ Mehrere Server können mehrere Angebote schicken.
R - Request – „Ich nehme dieses Angebot!“
Der Client entscheidet sich für ein Angebot und sendet einen Request: „Bitte die IP von Server X für mich reservieren.“
A - Acknowledge – „Ist gebucht. Viel Spaß im Netzwerk.“
Der DHCP-Server bestätigt und trägt die Lease ein. Ab jetzt besitzt der Client offiziell die IP.
3. DHCP Lease – Gültigkeit einer Adresse
DHCP vergibt Adressen nur fĂĽr eine bestimmte Zeit, die sogenannte Lease.
3.1 Ablauf einer Lease
T1 (50 %) – Client fragt „Darf ich verlängern?“
T2 (87,5 %) – Client fragt dringlicher beim Server
Ablauf – Adresse verfällt, falls nicht erneuert
Dies verhindert Karteileichen und hält Pools sauber.
4. DHCP Options – Mehr als nur IPs
DHCP kann eine Menge Zusatzinfos verteilen:
Option 3 – Default Gateway
-
Option 15 – Domain Name
Option 42 – NTP-Server
Option 66/67 – PXE-Boot
Vendor-Specific Options – VoIP-Telefone, WLAN-Controller, Switch-Provisioning usw.
Gerade in Unternehmensnetzen sind diese Optionen Gold wert.
5. DHCP Architektur
5.1 DHCP Server
Der zentrale Dienst, der Adressen verteilt.
Beispiele:
isc-dhcp-server (Linux/Debian)
Windows Server DHCP
Cisco, Juniper, Extreme Networks integrierte DHCP-Server
Router/NAS-basierte DHCP-Server (FritzBox, OpenWRT etc.)
5.2 DHCP Relay (IP Helper) – „Der Postbote zwischen VLANs“
Ein Client kann nicht per Broadcast VLAN-ĂĽbergreifend DHCP erreichen.
DafĂĽr sorgt der DHCP Relay Agent, der Anfragen weiterleitet.
Syntax-Beispiele (typisch Cisco/Extreme):
ip helper-address 192.168.10.5
6. Beispielkonfiguration Debian (isc-dhcp-server)
6.1 Installation
sudo apt install isc-dhcp-server
6.2 Grundkonfiguration – /etc/dhcp/dhcpd.conf
default-lease-time 600;
max-lease-time 7200;
authoritative;
subnet 192.168.10.0 netmask 255.255.255.0 {
range 192.168.10.100 192.168.10.200;
option routers 192.168.10.1;
option domain-name-servers 192.168.10.2;
option domain-name "intern.local";
}
6.3 Statische Zuordnung
Wenn der Drucker „vergiss mich nicht“ ruft:
host drucker01 {
hardware ethernet AA:BB:CC:DD:EE:FF;
fixed-address 192.168.10.10;
}
7. DHCP in der PrĂĽfung (IHK-Hinweise)
Unterschied DHCP vs. statische Zuweisung
DORA ausführlich erklären können
Rolle des DHCP-Relay
Unterschied öffentliche / private Pools
DHCP-Options nennen können
Typische Fehler diagnostizieren
Typische PrĂĽfungsfrage:
„Ein Client erhält keine Adresse – nennen Sie mögliche Ursachen.”
Antwortbeispiele:
Kein DHCP-Server erreichbar
Falsches VLAN / fehlender DHCP Relay
Pool erschöpft
MAC-Filter /
ACL blockiert
Falsche Netzmaske oder Routeroption
8. Typische Fehler & schnelle Lösungen
| Problem | Ursache | Lösung |
| „Client bekommt 169.254.x.x“ | Kein DHCP-Server erreichbar | Server prüfen, VLAN, Relay |
| Falsches Gateway | Option 3 fehlt/falsch | dhcpd.conf korrigieren |
| IP-Adressen doppelt | Zu kleiner Pool | Range erweitern |
| PXE funktioniert nicht | Option 66/67 fehlen | Optionen ergänzen |
| Clients erhalten alte IPs | Hohe Lease Times | Lease Zeit verkĂĽrzen |
9. DHCP in modernen Netzwerken
DHCP spielt auch in mehreren fortgeschrittenen Technologien eine Rolle:
NAC / 802.1X – VLAN-Zuweisung nach Authentifizierung
Sicherheitsanalyse (Logs → SIEM, Suricata, CrowdSec)
Virtualisierung (Proxmox/VMware) – Automatische Zuweisungen
IoT-Netze – Separate DHCP-Pools
DHCP Snooping – Schutz vor Rogue DHCP Servern
10. Zusammenfassung
DHCP ist ein unverzichtbarer Netzwerkdienst, der:
IP-Konfiguration automatisiert
administrativen Aufwand reduziert
Netzwerkfehler minimiert
in jeder Unternehmensumgebung obligatorisch ist
Und wie jeder gute Butler erledigt DHCP seine Arbeit zuverlässig im Hintergrund – solange niemand am VLAN dreht.